FM Planung
25.02.2024

Warum scheitern Budgetprognosen für öffentliche Gebäude so oft?

Walter Vogelsang
Fachplaner Facility Management
Zwei Hände, die einen Haushaltsplan für ein öffentliches Gebäude halten, auf dem ein großes rotes "Risiko"-Stempel prangt.

Wenn die Rechnung nicht aufgeht: Drei systemische Gründe, warum Budgetprognosen für öffentliche Gebäude scheitern

Es ist ein weitverbreitetes und kostspieliges Phänomen: die stetig klaffende Lücke zwischen den prognostizierten und den tatsächlichen Kosten für den Betrieb öffentlicher Gebäude. Die Ursache dafür ist selten auf böswillige Absicht zurückzuführen, sondern vielmehr auf tief verwurzelte, systemische Blindstellen im Planungsprozess selbst. Im Kern scheitert die Budgetplanung regelmäßig an drei fundamentalen Weichenstellungen.

Die Fixierung auf die Baukosten: Die fatale Trennung von Investition und Folgekosten

Das zentrale Problem liegt in der strikten institutionellen Trennung von Investitions- und Folgekosten. Öffentliche Haushalte und Vergabeprozesse sind nahezu zwanghaft auf die einmaligen Baukosten fokussiert. Das verfügbare Budget, die Ausschreibung und letztlich auch die Erfolgsmessung eines Projektes orientieren sich fast ausschliesslich an dieser einen Kennzahl. Die Folgekosten für Reinigung, Instandhaltung und Energie werden dabei als ein separates, nachgelagertes Problem betrachtet. Diese künstliche Trennung ignoriert jedoch die fundamentale Wechselwirkung: Fast jede Entscheidung in der Bauphase bestimmt die Höhe der Betriebskosten für die kommenden Jahrzehnte.

Die praktische Konsequenz ist ein verheerender Anreiz: Baukosten werden auf dem Papier optimiert, notfalls auf Kosten der späteren Betriebskosten. So wird vielleicht ein günstigerer, aber anfälligerer Bodenbelag gewählt, obwohl er langfristig höhere Pflegekosten verursacht. Die betriebskostenrelevante Qualität von Bauteilen wird in Vergabegesprächen häufig zugunsten kurzfristiger Einsparungen beim Bau zurückgestellt – eine Milchmädchenrechnung, die die öffentliche Hand Jahre später bezahlt.

Die Planungslücke: Das Fehlen der Betriebsperspektive in der entscheidenden Phase

Ein weiteres fundamentales Problem ist die personelle Zusammensetzung der Planungsteams. Traditionell setzen sich diese für öffentliche Bauvorhaben aus Architekten, Fachplanern und Technikern zusammen. Die Expertise des Facility Managements, also jener Disziplin, die den Gebäudebetrieb über 30, 40 oder 50 Jahre verantwortet, wird in den entscheidenden frühen Phasen selten systematisch eingebunden. Die Planung erfolgt damit in einem luftleeren Raum, ohne das praktische Wissen um die konkreten betrieblichen und kostenmäßigen Konsequenzen der getroffenen Entscheidungen.

Die Folge sind Gebäude, die aus betrieblicher Sicht von Grund auf ineffizient sind. Das können Grundrisse sein, die Reinigungszeiten künstlich verlängern, oder Materialien, die einen unverhältnismäßig hohen Wartungsaufwand erfordern. Oft fehlt es auch an grundlegender Infrastruktur, wie zentralen Reinigungsräumen mit Anschlüssen, was die operativen Abläufe erheblich behindert. All diese scheinbaren Kleinigkeiten summieren sich zu kontinuierlich höheren Personal- und Sachkosten auf, die in der anfänglichen, optimistischen Budgetprognose schlicht nicht enthalten waren.

Die Methode: Wenn das Bauchgefühl die datenbasierte Kalkulation ersetzt

Das dritte Grundproblem liegt in der Methodik der Kostenprognose. Diese basiert häufig auf groben Schätzungen, pauschalen Erfahrungswerten aus anderen Gebäuden oder simplen Faustregeln. Eine detaillierte, auf den konkreten Grundriss, die exklusiv ausgewählten Materialien und die geplanten Nutzungsprofile zugeschnittene Kalkulation nach anerkannten Standards unterbleibt. Das „Bauchgefühl“ ist jedoch ein notorisch unzuverlässiges Steuerungsinstrument für einen langfristigen und verbindlichen Finanzbedarf.

Die daraus resultierende Prognose ist schlicht nicht belastbar. Sie bietet weder Sicherheit für die mittel- und langfristige Budgetplanung noch eine schlüssige Argumentationsgrundlage gegenüber der Rechnungsprüfung oder politischen Gremien. Wenn die tatsächlichen Kosten dann unweigerlich von der Prognose abweichen, bleibt nur die nachgelagerte und reaktive Erklärung – eine proaktive Steuerung des Budgets ist dann nicht mehr möglich.

Fazit: Der Ausweg liegt in der integrierten Planung

Zusammenfassend scheitern Budgetprognosen, weil der Gebäudebetrieb stets als Annex der Bauplanung behandelt wird und nicht als ihr integraler Bestandteil. Die Lösung liegt in der konsequenten Auflösung dieser Denkweise.

Der Weg zu belastbaren Budgets führt unweigerlich über die frühe Einbindung einer datenbasierten FM-Betriebskosten-Prognose und eines FM-Fachplanungs-Audits, idealerweise bereits in der Phase der Grundlagenermittlung. Diese Instrumente schaffen die notwendige Datentransparenz und holen die fehlende Fachkompetenz in den Prozess. Sie verwandeln spekulative Schätzungen in kalkulierte, nachvollziehbare Zahlen und schließen die planerische Lücke zwischen Bau und Betrieb. Erst auf dieser Grundlage werden Budgetprognosen für öffentliche Gebäude von einer spekulativen Übung zu einem verlässlichen Instrument der Haushalts- und Projektsteuerung.

Weitere Fachartikel

Ratgeber Facility Management

Blog Img
Barbara Rütimann
29.04.2025
Betriebskonzept: Der strategische Fahrplan für wirtschaftliche und zukunftssichere Liegenschaften

Ein Betriebskonzept ist der strategische Fahrplan für eine wirtschaftliche und zukunftssichere Liegenschaftsbewirtschaftung. Es definiert Ziele, Prozesse und Ressourcen, um Nachhaltigkeit, Werterhalt und Kosteneffizienz langfristig zu sichern.

Blog Img
Barbara Rütimann
02.04.2025
Gutachten Personalbedarf: Wissenschaftliche Personalbemessung

Ein wissenschaftliches Gutachten zum Personalbedarf liefert eine datenbasierte Grundlage für die optimale Personalbemessung, die wirtschaftliche Anforderungen und qualitative Standards in Einklang bringt.

Blog Img
Gabriel Trifunović
01.05.2025
Dokumentation von FM-Tätigkeiten: Grundlage für Qualität, Rechtssicherheit und Effizienz

Eine systematische Dokumentation von FM-Tätigkeiten schafft Rechtssicherheit, ermöglicht Qualitätsmanagement und liefert die Datenbasis für wirtschaftliche Entscheidungen.

Ihr Weg zu einem besseren Facility Management.

Vereinbaren Sie Ihr unverbindliches Kennenlerngespräch, digital oder vor Ort.

Text Rotate
Background Image